Es geschah im Jahre 2014, dass einige Mittzwanziger eine bis dahin unbekannte Erfahrung machten: Sie waren zu alt für etwas geworden. Zu alt für den Jugendkammerchor, der so lange ihre musikalische Heimat gewesen war und es nun nur noch bis Weihnachten sein würde.

Für alle stand fest, dass sie das nicht auseinandertreiben würde. Niemand wollte auf das Singen und die Gemeinschaft verzichten, jedoch: Einen Chor, der ihre Wünsche und Bedürfnisse erfüllt hätte, gab es nicht. Und einen eigenen zu gründen, erschien zu aufwendig. Man denke alleine an die Dirigentensuche.

Daher beschlossen sechs von ihnen, sich privat zum Singen zu verabreden. Der erste dieser Singtreffs fand bereits im Januar 2015 statt. Weil es keinen Leiter gab, dirigierte man sich kurzerhand selbst. Einer von den sechsen war immer bereit, die Führung zu übernehmen. Rasch erkannte man, dass die Not doch eigentlich eine Tugend war: Wenn es keinen festen Leiter gab, gab es auch keine musikalischen Vorgaben. Jeder konnte etwas vorschlagen und alle lernten hin und wieder einmal etwas völlig Neues kennen.

Mit der Zeit stießen weitere Sänger dazu. Das Sextett wuchs zu einem Chor heran. Einem Chor ohne festen Leiter. Im März 2015 wagte man dann endgültig den Schritt in die Selbstständigkeit. Das Chorlektiv Potsdam wurde offiziell gegründet.

Das Konzept des Chores lockte weitere Sänger an. Das Ehemaligen-Ensemble des Jugendkammerchors entwickelte sich zu einer Truppe mit sehr unterschiedlichen musikalischen Hintergründen. An der Grundidee hat dies nicht gerüttelt. Noch immer ist das Chorlektiv ein Chor ohne festen Leiter, aber umso größerer Liebe zu musikalischer Vielfalt.